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Die mysteriöse Welle von Krankheiten, die mit Vaporizern verknüpft zu sein scheinen, wirft den Experten Rätsel auf

Den amerikanischen Gesundheitsbehörden zufolge könnte das Dampfen von THC für die Epidemie von schweren Lungenerkrankungen verantwortlich sein, die in der letzten Zeit um sich gegriffen hat und mit der Verwendung von E-Zigaretten zusammenzuhängen scheint. Dies wirft Fragen über eine Form des Marihuanakonsums auf, die immer beliebter ist und bei vielen eigentlich als relativ sichere Methode galt. Steckt Cannabis wirklich hinter diesen Beschwerden?

Nach den amerikanischen Centers of Disease Control and Prevention (CDC) gibt es in den USA bislang 1299 Fälle von schweren Lungenerkrankungen, die mit der Verwendung von Vaporizern oder E-Zigaretten zusammenzuhängen scheinen. 27 der Patienten sind bereits verstorben, und die Ärzte befürchten, dass mehr Todesfälle nicht lange auf sich warten lassen werden.

Obwohl die CDC und die FDA (Food and Drug Administration) kein Gerät, Produkt und keine Substanz gefunden haben, die direkt mit diesen Fällen zusammenhängt, lässt ein im New England Journal of Medicine veröffentlichter Artikel verlauten, dass viele der erkrankten Personen THC, den wichtigsten psychoaktiven Inhaltsstoff von Marihuana, als Nikotin-Ersatz oder zusammen mit Nikotin konsumiert hätten.

Im September hat die FDA eine strafrechtliche Ermittlung über den Fall eingeleitet und vor der Verwendung von Vaporizing-Kartuschen gewarnt, die THC enthalten, egal, ob diese aus dem Einzelhandel oder von illegalen Verkäufern stammen. Die Trump-Regierung hat zudem angekündigt, E-Zigaretten mit Geschmack verbieten zu wollen, „um die beunruhigende Epidemie der E-Zigaretten-Nutzung durch Jugendliche zu bekämpfen, die Kinder, Familien, Schulen und Gemeinden erschüttert".

In Michigan, NewYork und Rhode Island sind Produkte für Vaporizer mit Geschmack Anfang Oktober eigentlich bereits verboten worden, doch das Verbot wurde per Gerichtsbeschluss für Erste wieder aufgehoben, nachdem die Fabrikanten sich beschwert hatten, dass eine derartige Maßnahme sie zwingen würde, ihre Firmen zu schließen.

Wie wirkt sich diese Maßnahme auf die Marihuana-Welt aus?

Die Untersuchungen drohen das Bild zu zerstören, das viele Menschen vom Marihuana-Dampfen – als sichere und natürliche Konsummethode – haben und das sich mit der zunehmenden Legalisierung immer mehr gefestigt hat. Eine Gallup-Umfrage aus dem Jahr 2018 jedenfalls ergab (noch), dass die Mehrheit der Amerikaner Marihuana und E-Zigaretten für weniger schädlich als Tabak halten und mehr als 40 % der Befragten Marihuana für „nicht allzu" oder „überhaupt nicht" schädlich.

Nach einem Bericht der Marketing-Firma Arcview, die sich auf die Cannabisindustrie konzentriert, sollte der Verkauf von Cannabis-Konzentraten in den USA durch Vaporizing-Produkte bis 2022 sogar 84, Milliarden Dollar einspielen, was nur knapp hinter dem der Marihuana-Blüten selbst liegt.

In den E-Zigaretten werden die Substanzen erhitzt, die man rauchen will. Oft handelt es sich dabei um flüssiges Nikotin, aber auch Marihuana-Extrakte oder in Öl oder (zum Einatmen) in Sprays suspendierte Verbindungen. Auch wenn es diesbezüglich noch viele Diskussionen gibt, gilt dieses Verfahren als gesünder als das traditionelle Rauchen, da beim Verbrennen von Substanzen wie Tabak Nebenprodukte entstehen, die den Lungen und generell der Gesundheit schaden.

Welche Substanz könnte dahinterstecken?

Nach verschiedenen Epidemiologen, die den Fall gerade untersuchen, ist es wahrscheinlich, dass die Verarbeitung von THC und nicht das Cannabinoid selbst für die neue Welle an Lungenerkrankungen verantwortlich ist. Um die Flüssigkeiten für die Vaporizing-Kartuschen herzustellen, wird das THC in einer Öl-Lösung „suspendiert", die häufig auch chemische Produkte enthält, die den Geschmack oder die Konsistenz der Mischung verändern sollen und die die Konsumenten dann mit einatmen.

Da bei der Regulierung der Vaporizing-Öle gerade ein großes Chaos herrscht, ist es schwer zu wissen, welche Chemikalien zugeführt wurden und ob die Etikettangaben verlässlich sind. Deshalb hat die FDA beispielweise auch bereits zahlreiche Firmen abgemahnt, die keine exakten Angaben über den Inhalt von Produkten mit CBD, einem anderen Marihuana-Cannabinoid, leisten.

Momentan analysiert die FDA mehr als 100 Proben von Produkten, die von Patienten verwendet wurden, bei denen sich nach dem Vaping Lungenerkrankungen entwickelten, um herauszufinden, was genau in diesen enthalten ist und was die Ursache der Symptome sein könnte.

Schuld könnten, wie einige Experten glauben, Chemikalien mit Vitamin-E-Acetat sein, die zum Emulgieren von THC und CBD in illegalen, nicht-regulierten Vaporizing-Ölen verwendet werden. Eine Untersuchung von illegal erworbenen THC-Kartuschen ergab, dass von 9 von 12 Proben gefährlich hohe Anteile dieser Verbindung aufwiesen. Zudem enthielten alle von ihnen Pestizide wie Myclobutanil, ein Fungizid, das beim Einatmen zur giftigen Blausäure zerfallen kann.

Auf dem kalifornischen Schwarzmarkt ist Vitamin-E-Acetat als Lösungsmittel für Cannabisöl, das später ins ganze Land verkauft wird, zunehmend verbreitet. Das Acetat wird mit dem aus den Cannabisblüten extrahierten Öl vermischt, um dieses zu verdünnen und mehr Kartuschen voll zu bekommen. Obwohl es bisweilen als Vitamin-E-Öl bezeichnet wird, handelt es sich bei ihm nicht um ein Öl; es ist lediglich in Öl löslich. Seine chemische Bezeichnung lautet „Tocopherylacetat", und bevor es zum Strecken von Cannabisöl verwendet wurde, kam es vor allem bei der Herstellung von Kosmetika und Seifen zum Einsatz. Fürs Einatmen ist es nicht gedacht.

Woher weiß ich, ob meine Vaporizing-Produkte sicher sind?

Bislang kann man nicht sagen, ob Vaporizing-Öle sicher sind oder nicht. Man weiß ja schließlich noch nicht einmal, ob das Vitamin-E-Acetat tatsächlich hinter der Krankheitswelle steckt. Auch wenn man jede Verbindung identifiziert, die in den Proben enthalten ist, hat man damit noch nicht zwangsweise die Ursache für die Epidemie gefunden. Die gerade analysierte Verbindung könnte gar nicht mit letzterer zusammenhängen oder nur eine Ursache von vielen sein.

Solange die Studien über die Lungenerkrankungen noch nicht abgeschlossen sind, empfehlen die CDC den Verbrauchern, „sich zu überlegen, keine E-Zigaretten zu verwenden" und insbesondere auf der Straße gekaufte Produkte zu vermeiden sowie den E-Liquids keine Zusätze zuzufügen.

Da die potenzielle Ursache der Lungenschäden allerdings nie klar formuliert wird, halten nicht wenige es für offensichtlich, dass die Gesundheitsbehörden sich die traurige Krankheitsserie lediglich zunutze machen, um dem Verdampfen von Marihuana als Konsummethode den Garaus zu machen.

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Quellen:

Pulmonary Illness Related to E-Cigarette Use in Illinois and Wisconsin - Preliminary Report. Jennifer E. Layden, Isaac Ghinai, Ian Pray, Anne Kimball. The New England Journal of Medicine. 2019.

29/10/2019